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Sayhername: Proteste zum Jahrestag des Todes von Jina Mahsa Amini

Das in den iranischen Farben angestrahlte Heidelberger Schloss zeigt in der Nacht des 16.09.2023 den Slogan „Frau – Leben – Freiheit“ (Bild). Dieser Slogan wurde weltweit zum Symbol der von Frauen initiierten Proteste im Iran.

Die 22-jährige Kurdin Jina Mahsa Amini starb vor einem Jahr in Teheran in der Haft, weil die „Sittenpolizei“ zu viel Haar unter ihrem Hidschab entdeckt hatte. Ihr Tod wegen dieser Banalität löste den größten Aufstand im Iran seit 1979 aus.

Nicht nur in Heidelberg, sondern auch in Hamburg, Köln/Bonn, Berlin, Frankfurt und natürlich Berlin und München – bundesweit, europaweit, weltweit organisierte die iranische Diaspora am Jahrestag ihres Todes Gedenkveranstaltungen und Demonstrationen, um gegen das Vergessen anzukämpfen. „Say her name“ – „Sag ihren Namen“ – ihr Name ist nicht vergessen, sondern Symbol für diesen und jeden Kampf um Freiheit  – nicht nur für die Mädchen und Frauen im Iran.

Im Iran selbst drängte das Regime der Mullahs durch systematische Vergewaltigungen, durch Folter und Hinrichtungen, durch die gezielte Verstümmelung und Ermordung von Kindern, Frauen und allen, die sich den Protesten für Freiheit anschlossen – den sichtbaren Protest brutal von der Straße.

Die Welt schaut – immer noch – zu.

Zum Jahrestag beherrscht das Militär das Straßenbild in allen Städten, um öffentliche Proteste auf den Straßen Irans zu verhindern. Die jüngste Hinrichtungswelle an Teilnehmenden der Demonstrationen hat die Menschen im Iran zutiefst verunsichert. Der flächendeckende Terror gegen Schüler:innen mit den Gasanschlägen in den Schulen zeigt ebenfalls seine Wirkung.

Die systematische Verfolgung und Vernichtung von politischen Verantwortlichen, die Zerschlagung von Gruppen, Parteien und zivilrechtlichen Organisationen erschwert den Freiheitskampf. Generationen an hoffnungsvollen Menschen, die Verantwortung übernehmen wollten, wurden vom Regime einfach „beseitigt“.

Die Strafen zur Nichtbeachtung der Hidschab-Regeln für Frauen sind aktuell nochmal verschärft worden. In den Großstädten wird Gesichtserkennung mit Software aus China eingesetzt, um Frauen ohne Kopfbedeckung zu identifizieren und anschließend zu bestrafen. Die Strafen sind variantenreich: Verlust des Autos, Kontopfändungen, Kündigungen des Arbeitsplatzes, Verweise von der Universität, hohe Geldstrafen, Verhaftungen von der Straße weg, Verhöre, Folter, Gefängnis.

TROTZDEM – versuchen Frauen in vielen Bereichen des Alltages weiter Widerstand zu leisten.

TROTZDEM  – ist die Lage weiter angespannt. Ein Funke kann jederzeit wieder einen Flächenbrand auslösen. Die Frauen wollen nicht mehr zurückgehen.

Und das Regime der Mullahs weiß das. Die Militärbesetzung im Iran am ersten Jahrestag des Todes von Jina Mahsa Amini zeigt ihre Angst  – die Angst vor dem Freiheitsdrang der Menschen im Iran.

Während öffentliche Proteste im Iran immer schwieriger werden, nutze die iranische Diaspora das Jahr dazu, sich zu organisieren, um von außen die Stimme derer zu werden, die im Inneren des Iran zum Schweigen gebracht wurden.

Viele Gruppen – wie die woman.life.freedom-Initiative in München – haben sich etabliert, Vereine wurden gegründet und  Bündnisse geschmiedet. Gute Kontakte in die Kommunal-, Landes- und Bundespolitik wurden aufgebaut. Patenschaftsprogramme für politische Gefangene eingerichtet, um (teilweise erfolgreich) Todesurteile zu verhindern. Unermüdliche Pressearbeit hat dazu geführt, dass nicht nur am Jahrestag des Todes von Jina Mahsa Amini die Situation der Menschen im Iran medial und damit von der Weltöffentlichkeit wahrgenommen wird. Unsere Stimme, unsere Aufmerksamkeit, unser geschriebenes Wort, unser Protest hier schützt und stärkt die Menschen im Iran.

Lasst uns weiter laut sein!

„Wir sind voller Hoffnung für den Iran und seine Menschen. Aus der Diaspora heraus versuchen wir weiterhin ein Schallverstärker eben dieser Menschen zu sein. Wir haben uns diesmal als 2./3./4. Generation geschworen, dass wir nicht aufhören, gegen das Regime aufzuklären, dass wir den Mullahs die Weltbühne nehmen und den Druck auf das Regime ausweiten werden.“

Dr. Rabee Mokhtari Nejad, woman.life.freedom-Kooperative München

München, 16.09.23
Dr. Rabee Mokhtari Nejad, woman.life.freedom-Kooperative München
Silvia Schwarz, WILPF München