Dank einer Förderung der Simon-Claussen-Stiftung konnte die IFFF drei afghanischen Frauen die Teilnahme am diesjährigen Ortskräftekongresses in Berlin ermöglichen.
Nach dem Abzug der deutschen Truppen im Juni 2021 übernahmen die Taliban die Macht in Afghanistan. Seither hat die allgegenwärtige Angst vor Verfolgung durch die Taliban tausende Afghan*innen gezwungen, das Land zu verlassen, darunter zahlreiche Ortskräfte. In dem gewaltgebeutelten Land sind Menschenrechtsverletzungen laut Human Rights Watch an der Tagesordnung; insbesondere Frauen und Mädchen leiden unter der brutalen Herrschaft und Gender-Apartheid, die das Ziel verfolgen, Frauen komplett aus der Öffentlichkeit zu verdrängen.
Stimmen der afghanischen Diaspora stärken
Die AG Afghanistan der WILPF hat es sich zur Aufgabe gemacht, afghanische Frauen in der Diaspora zusammenzubringen, sie zu vernetzen und sie insbesondere in ihrer politischen Arbeit zu unterstützen. Ziel der Arbeitsgruppe ist es darüber hinaus, auf die Situation der Menschen in Afghanistan sowie auf die Bedürfnisse von afghanischen Geflüchteten in Deutschland aufmerksam zu machen und Politikempfehlungen zu erarbeiten.
Neben Online-Treffen konnten wir es dank einer Förderung der Claussen-Simon-Stiftung dieses Jahr im September drei in Deutschland lebenden afghanischen Frauen ermöglichen, persönlich in Berlin zusammenzukommen und ihr Netzwerk innerhalb der afghanischen Diaspora Community und der deutschen NGO-Landschaft zu erweitern.
Ankommen in Deutschland
Alle teilnehmenden Frauen sind seit der Machtübernahme der Taliban nach Deutschland gekommen. Für alle drei ist die Frage des Ankommens hier in Deutschland jedoch ein andauernder, nicht abgeschlossener, Prozess. Wie eine Teilnehmerin der Berlin-Reise, Aasia, berichtet:
“For many individuals, arriving is about more than just finding a physical place. It encompasses building social networks, accessing professional opportunities, and establishing a sense of security in their new environment.“
An diese Frage des Ankommens knüpfte das Programm des ersten Abends. Beim Besuch einer Veranstaltung des Verbandes afghanischer Organisationen in Deutschland (VAFO) unter dem Titel „Ankommen – Herausforderungen und Perspektiven der Afghanistan-Diaspora in Deutschland“ diskutierten Expert*innen und Teilnehmer*innen gemeinsam, was Ankommen in Deutschland bedeutet – und bedeuten kann. Die Veranstaltung bot darüber hinaus wertvollen Raum zum Netzwerken – wie Halima, eine weitere Teilnehmerin, es in Worte fasst:
„The most important part for me was to see different organizations and their staff. I have made new connections, which is really important and will help me here in Germany.”
Besuch des Ortskräftekongresses
Auf Afghanistan schauen – auch in einem politischen Klima, in dem das deutsche Versprechen, Menschen unbürokratisch in Sicherheit zu bringen, in weite Ferne gerückt zu sein scheint: Darin lag ein erklärtes Ziel des dritten Ortskräftekongresses, veranstaltet von der Evangelischen Akademie zu Berlin. Der Titel des Ortskräftekongressses lautete im Sinne der Aufarbeitung des deutschen Engagements in Afghanistan „Mehr als ein Versprechen – Menschenrechte verteidigen, Ortskräfte schützen“. Das umfangreiche Programm war insbesondere darauf ausgerichtet, die afghanische Community zusammenzubringen und auch Menschen eine Bühne zu bieten, die im öffentlichen Diskurs wenig Aufmerksamkeit erlangen. Dass auch zwei Jahre nach der „Machtübergabe“, wie viele titelten, noch tausende Menschen nicht in Sicherheit gebracht werden konnten, wurde stark kritisiert. Gleichzeitig war die Stärke jener, die sich für Gerechtigkeit einsetzen, präsent.
Auch die Teilnahme an dieser Veranstaltung war wertvoll für die Teilnehmerinnen. Wie Aasia es ausdrückt:
“The Ortskräftekongress provided us with further insights into community dynamics and the importance of support systems for newcomers.”
Den Blick nach vorne gerichtet
Afghanische Menschen in Deutschland und in Afghanistan kämpfen für ein Leben in Sicherheit und Freiheit, ein Leben in Frieden. Ein nachhaltiger Frieden kann jedoch nur Wirklichkeit werden, wenn Frauen an politischen Debatten teilhaben, Netzwerke bilden, und in der Öffentlichkeit wirken können. Wir sind sehr dankbar, dass wir mit Hilfe der Förderung der Claussen-Simon-Stiftung einen kleinen Beitrag hierzu leisten konnten. Der Austausch, die Begegnung und Vernetzung mit Mitgliedern von WILPF Deutschland kam dabei auch nicht zu kurz, wie Aasia es in Worte fasst:
“All our days [in Berlin] were wonderful and provided a great experience for socializing with new people. I truly enjoyed every moment, especially the chat we had during our first night dinner with four amazing WILPF women.”
Diese Worte der Wertschätzung geben wir gerne zurück. Es war eine Ehre, diese starken und mutigen Frauen näher kennenzulernen und sie in Berlin ein Stück zu begleiten.
Unser großer Dank gilt den teilnehmenden Frauen Aasia, Halima und Nazia, die sich jeden Tag mit so viel Mut für ein gerechtes Afghanistan einsetzen, sowie der Claussen-Simon-Stiftung, die diese Begegnung ermöglicht hat.