Am 09. und 10. März 2023 fand in Oslo das ICAN Act On It Forum statt – wir waren vor Ort und konnten einiges für unsere Arbeit zu nuklearer Abrüstung mitnehmen und feministische Perspektiven einbringen.
Der erste Tag der Konferenz diente vor allem zur inhaltlichen Vertiefung von Wissen. Zahlreiche Vorträge, Panels und Workshops betonten, wieso jetzt der richtige Zeitpunkt ist, sich für nukleare Abrüstung zu engagieren, wo die nukleare Bedrohung so groß ist, wie seit dem Kalten Krieg nicht mehr. Nukleare Drohungen sind in den letzten Monaten immer häufiger geworden, das nukleare Tabu ist unter ständigem Angriff. Gerade jetzt müssen Akteur*innen, die sich für eine Welt ohne Atomwaffen einsetzen, gestärkt werden – dazu war das Forum eine hervorragende Gelegenheit. Am Ende des ersten Tages wurden die Teilnehmenden der Konferenz von Marianne Borgen, der Bürgermeisterin Oslos, in das Rathaus eingeladen. Im Jahr 2017 hat ICAN in diesem Gebäude den Friedensnobelpreis erhalten. Die Bürgermeisterin sagte in ihrer Rede: “Everyone of you is a champion of change!” (Jede*r von euch ist ein*e Meister*in des Wandels).
Am zweiten Tag drehte sich alles darum, wie die Arbeit zu nuklearer Abrüstung konkret weiter vorangetrieben werden kann. Die verschiedenen Panels und Workshops zu Jugendinitiativen in nuklearer Abrüstung, beispielsweise Youth4TPNW und Nyuklia Eureka, haben uns besonders gefallen. Außerdem wurde betont, wie der Kampf für nukleare Abrüstung mit anderen Kämpfen verbunden werden muss, beispielsweise mit Klimagerechtigkeitsaktivismus. Verschiedene Unterdrückungsformen können nur gemeinsam bekämpft werden, da sie sich gegenseitig verstärken und in Wechselwirkung zueinander stehen. “Climate Justice is Social Justice is Nuclear Justice” (Klimagerechtigkeit ist Soziale Gerechtigkeit ist nukleare Gerechtigkeit) sagte Georgina Bell von Nyuklia Eureka. Wir haben den Tag auch dazu genutzt, um uns mit anderen feministischen Akteur*innen zu vernetzen, die im deutschen Kontext zu nuklearer Abrüstung arbeiten, wie ICAN Deutschland und das Centre for Feminist Foreign Policy. Beendet wurde der zweite Konferenztag mit einer Demonstration gegen Atomwaffen vor dem norwegischen Parlament.
Atomare Abrüstung als Kernanliegen der WILPF
Das langjährige Engagement der WILPF für Abrüstung und ihre Partnerschaft mit anderen zivilgesellschaftlichen Organisationen waren Schlüsselfaktoren für die Gründung und den Erfolg von ICAN, das sich für ein weltweites Verbot von Atomwaffen einsetzt. Ray Acheson, leitende Person des Abrüstungsprogramms „Reaching Critical Will“ der WILPF und Vertreter*in des ICAN-Lenkungsausschusses, war maßgeblich daran beteiligt, Regierungen und internationale Organisationen für den Vertrag zu gewinnen, der die letzten Massenvernichtungswaffen verbietet und einen klaren Weg zu ihrer vollständigen Abschaffung vorgibt. WILPF und Ray setzen diese Arbeit heute fort, indem sie einen intersektionalen feministischen Ansatz in die Abrüstungs- und Friedensarbeit bei den UN und darüber hinaus einbringen. Auch in Deutschland engagieren sich Mitglieder der WILPF seit Jahrzehnten für nukleare Abrüstung, beispielsweise als Teil des Bündnisses Atomwaffenfrei jetzt oder Büchel ist überall.
Atomare Abrüstung als Teil der feministischen AußenpolitikAm 01. März 2023 hat das Auswärtige Amt die Leitlinien für feministische Außenpolitik veröffentlicht. Auch eine “Welt ohne Atomwaffen” wird sich dort zum Ziel gesetzt, zudem werden geschlechtsspezifische Folgen von Atomwaffen sowie die Entschädigung von Opfern von Atomwaffentests erwähnt. Das genügt jedoch bei weitem nicht (unser Statement zu den Leitlinien). Wir als WILPF Deutschland setzen uns dafür ein, dass die Bundesregierung ihre Bestrebungen zu atomarer Abrüstung im Rahmen der Leitlinien mit Verweis auf ein feministisches Verständnis von Sicherheit, das nicht mit nuklearer Abschreckung vereinbar ist, erweitert. Nur die Aufgabe der Nuklearen Teilhabe und eine stetige Annäherung an den Atomwaffenverbotsvertrag kann das Ziel einer Welt ohne Atomwaffen realisierbar machen. Diese Anliegen möchten wir gemeinsam mit unseren Partner*innen vorantreiben.
von Johanna Braun, Andrea Knitsch Gil und Anna Hauschild