Preisträgerin 2019: Rasha Jarhum aus dem Jemen

Bereits zum dritten Mal verlieh die IFFF/WILPF am 20. September 2019 den Rebellinnen gegen den Krieg – Anita Augspurg-Preis an eine Frau, die sich in ihrem Heimatland für Frauenrechte und Frieden einsetzt: Rasha Jarhum aus dem Jemen. Dank großzügiger Spenden konnte ihr im Rathaus der Stadt Verden (Aller) neben der Ehrung ein Preisgeld überreicht werden.

Rasha stammt aus dem Jemen und hat in Beirut, Aspen, Nottingham und Genf studiert. Sie lebt in Ottawa/Canada. Im Jemen herrscht seit 2015 ein ungewöhnlich grausamer Krieg gegen die Zivilbevölkerung. Lange war er ein „vergessener Krieg“. Dass seit einiger Zeit über diesen Krieg berichtet wird, hat auch Rasha Jarhum bewirkt. Sie gründete 2015 die Peace Track-Initiative, der ausschließlich Frauen angehören. Sie ist davon überzeugt, dass der „Frieden im Jemen in der Hand der Frauen“ liegt.

Unermüdlich wirkt unsere Preisträgerin für Frieden in ihrem Land und findet inzwischen auch international Gehör, wie z.B. vor dem UN-Sicherheitsrat. Dort betonte sie im November 2018, dass geschlechtsspezifische Gewalt bereits in den ersten fünf Monaten des Kriegs um 70% anstieg und die Häufigkeit von Kinderhochzeiten um 66%.

Preisverleihung

Organisator*innen der Preisverleihung mit Rasha Jarhum vor dem Rathaus Verden (Aller)
Organisator*innen der Preisverleihung mit Rasha Jarhum vor dem Rathaus Verden (Aller)

Wie Anita Augspurg, Namensgeberin des Preises, rebelliert Rasha Jarhum als Friedens- und Frauenrechtsaktivistin gegen den Krieg, betonte IFFF-Mitglied und stellvertretende Vorsitzende Julia Trippo in ihrer Laudatio für die Preisträgerin.

„Denn Rasha trägt mit ihrer Arbeit dazu bei, Frauen eine Stimme zu geben und auf ihre wichtige Position in Friedensprozessen hinzuweisen und sie in verschiedenen Netzwerken zusammenzubringen. Als langjährige Partnerin der WILPF auf internationaler Ebene, hat Rasha sehr intensiv mit dem Büro in Genf zusammengearbeitet und wir sind sehr stolz, so eine starke Frau in unseren Reihen zu haben.“

– Julia Trippo, Laudatio

Neben der Ehrung Rasha Jarhums wurde die Preisverleihung durch einen Kurzfilm von Schüler*innen der Verdener Campus Oberschule gestaltet. Der Film thematisierte Anita Augspurgs Aufwachsen in Verden und zeigte Orte der Stadt, die mit ihr in Verbindung gebracht werden. Fotografien aus Boushra Almutawakels Serie „Der Schleier“ rundeten die Veranstaltung ab und eröffneten den Gästen einen besonderen Blick auf den Jemen.

Zum Schluss der Veranstaltung trug sich Rasha Jarhum in das goldene Buch der Stadt ein. Dabei wurden, wie bereits in den Tagen davor, ihre großartige Art und ihr Humor deutlich. Sie dankte der Stadt Verden für die Gastfreundschaft und unterschrieb mit den Worten „Your new biggest fan from Yemen“. 

Das Preisgeld werde sie einer Gruppe von Müttern spenden, die sich im Jemen für die Befreiung ihrer Kinder und anderer Verwandten aus dem Gefängnis einsetzen, erklärte die Preisträgerin.

Rasha Jarhum schreibt in das Goldene Buch der Stadt Verden
Rasha Jarhum schreibt in das Goldene Buch der Stadt Verden
Rasha Jarhums Eintrag in das Goldene Buch
Rasha Jarhums Eintrag in das Goldene Buch

Weitere Begegnungen

Erstmals organisiert die Frauenliga neben der Preisverleihung auch eine kleine Städtetour, um Rasha Jarhum die Möglichkeit zu geben, weitere Orte zu besuchen und dort von der Situation in ihrem Heimatland zu berichten.

Rasha Jarhum und Dr. Anna Würth, Leiterin der Abteilung Internationale Menschenrechtspolitik im DIMR
Rasha Jarhum und Dr. Anna Würth, Leiterin der Abteilung Internationale Menschenrechtspolitik im DIMR

Die Veranstaltungsreihe Stoppt den Krieg im Jemen: Jemenitische Frauen kämpfen um Frieden brachte Rasha nach Frankfurt (Main), München, Augsburg und Berlin. Sie diskutierte mit der Zivilgesellschaft, gab Interviews für Vertreter*innen von NGOs und war im Auswärtigen Amt zu Gast. Dabei machte sie immer wieder deutlich, dass jemenitische Frauen nicht nur als Opfer des Krieges angesehen werden dürfen, weil ihnen eine weitaus wichtigere Rolle zukommt.

Trotz Sicherheitsbedenken, Vertreibung und zunehmender Gewalt entwickelten die jemenitischen Frauen seit Ausbruch des Konflikts neue Formen des kollektiven und integrativen Widerstands gegen Tyrannei und die militarisierte Umgebung. Hinter den Kulissen stehen sie heute an der Spitze der humanitären Hilfe. Sie mildern die Auswirkungen des Krieges, indem sie sich an lokalen Vermittlungsbemühungen beteiligen, Friedensinitiativen initiieren und ihre Gemeinschaften und Familien erhalten.

Eine dieser Friedensinitiativen ist die 2015 von Rasha Jarhum gegründetePeace Track-Initiative. Darin engagieren sich Frauen trotz verschiedener Hintergründe für ein übergeordnetes Ziel: Frieden. Sie fordern unter anderem einen sofortigen Waffenstillstand, keine Landminenausbringungen, das Verbot von Kindersoldaten und den Einsatz von Friedenskräften.

International erreichten die jemenitischen Frauenorganisationen, dass der Sondergesandte der Vereinten Nationen für den Jemen, die “Yemeni Women Technical Advisory Group” gründete. Sie soll bei allen Verhandlungen zum Jemen sicherstellen, dass die Stimme der jemenitischen Frauen gehört wird und Gewicht hat. Dennoch kritisierte Rasha Jarhum bei ihrem Treffen mit Vertreter*innen des Auswärtigen Amts, den wenig erfolgreichen UN-Prozess und die ausgrenzende Art gegenüber Frauenorganisationen.

Presse

Rasha Jarhum aus dem Jemen erhält Anita-Augspurg-Preis im Rathaus,
Kreiszeitung

Dem Jemen Hoffnung schenken
Weser Kurier