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Frauen, Frieden und Sicherheit: Stellungnahme zum 3. NAP

Als Mitglied des Netzwerks 1325 veröffentlichten wir eine Stellungnahme zum 3. Nationalen Aktionsplan zur Umsetzung der UN-Resolution „Frauen, Frieden und Sicherheit“ der deutschen Bundesregierung.

Wir begrüßen einzelne Fortschritte und fordern eine Implementierung der vergangenen Versprechen. Leider verpflichtet sich Deutschland wieder nicht, eine explizite Friedenspolitik zu verfolgen. Sie erkennt u.a. nicht an, dass die Beendigung von Rüstungsexporten sowie eine umfassende Abrüstungspolitik Kernbestandteil von Krisen- und Konfliktprävention sind.

Am 24. Februar 2021 verabschiedete die Bundesregierung den 3. Nationalen Aktionsplan (NAP) zur Umsetzung der Agenda «Frauen, Frieden und Sicherheit». Gegenüber den beiden vorhergehenden Aktionsplänen stellt dieses Dokument eine deutliche Verbesserung dar. Die Bundesregierung hat sich dabei merklich an Nationalen Aktionsplänen anderer Staaten orientiert, eine vergleichende Studie beauftragt. Auch Forderungen aus dem Policy Briefing des Netzwerkes 1325 – «Die Agenda Frauen, Frieden und Sicherheit. Was zählt ist die Implementierung. Policy Briefing zum Dritten Nationalen Aktionsplan der Bundesregierung» – fanden teilweise Berücksichtigung. Die sechs gewählten Schwerpunkte – Krisenprävention, Teilhabe, Schutz und Unterstützung; Humanitäre Hilfe; Krisenbewältigung und Wiederaufbau, Strukturelle Verankerung – begrüßen wir ausdrücklich.

Die Bundesregierung erkennt die Notwendigkeit an, Perspektiven und Expertise von Frauen und Mädchen verstärkt in Friedens-und Sicherheitspolitik, Entwicklungszusammenarbeit und Humanitärer Hilfe einzubinden. Dass explizit von einer intersektionalen Perspektive die Rede ist, bedeutet einen wesentlichen konzeptionellen und politischen Fortschritt. Auch werden LGBTI-Personen sowie Männer und Jungen explizit in den Wirkungskreis des Aktionsplans einbezogen. Zusätzlich wird die zunehmende Gefährdung von Frauen und Minderheiten aufgrund des internationalen Demokratieabbaus und der Angriffe auf Frauen- und LGBTI-Menschenrechte (Pushbacks) hervorgehoben und eine besondere Verantwortung der Bundesregierung anerkannt, diese Rechte zu schützen und auszubauen. Dazu gehört laut Bundesregierung auch das Recht auf reproduktive Gesundheit und sexuelle Selbstbestimmung.

Erstmals erkennt die Bundesregierung darüber hinaus explizit an, dass ein gendertransformativer, menschenrechtlicher und intersektionaler Ansatz notwendig ist, um die bislang stockende Implementierung der Agenda 1325 erfolgreich voranzubringen. Zudem wird eine langjährige Forderung der Zivilgesellschaft aufgenommen, einen Mechanismus für Monitoring und Evaluierung der Maßnahmen plus Indikatoren einzuführen, wenngleich es noch Schärfungsbedarf gibt.
Ein weiterer positiver Aspekt des 3. Nationalen Aktionsplans ist das Bekenntnis zum nachhaltigen Wissensaufbau und der institutionellen Verankerung der Agenda. So bekräftigt auch Bundesaußenminister Heiko Maaß im Vorwort: «Dabei nehmen wir auch unsere eigenen Strukturen und Kapazitäten in den Blick.» Zudem sichert die Bundesregierung zu, die Agenda im In- und Ausland bekannter zu machen.

Was die bevorstehende Zusammenarbeit mit Zivilgesellschaft in Deutschland angeht, ist die Absicht der Bundesregierung, die Zusammenarbeit weiter systematisch auszubauen, ein wichtiger Schritt. Dieser muss jedoch beinhalten, dass zivilgesellschaftliche Organisationen auch in die Evaluierung inkludiert werden und eine verlässliche, institutionalisierte Beteiligung zur Erarbeitung des 4. NAPs verankert wird.

Zentralen Verbesserungsbedarf sehen wir strukturell vor allem im Bereich der Finanzierung, die bislang nicht verbindlich geregelt ist. Es werden keine verbindlichen Indikatoren und Zielgrößen formuliert. Außerdem mangelt es an Politikkohärenz, die sich darin ausdrückt, dass die Bundesregierung ihrer Verantwortung nicht nachkommt, die Agenda auch innenpolitisch umzusetzen. Dies muss dringend korrigiert werden.

Auch inhaltlich besteht Verbesserungsbedarf. So verpflichtet sich die Bundesregierung wieder nicht, eine explizite Friedenspolitik zu verfolgen. Sie erkennt u.a. nicht an, dass die Beendigung von Rüstungsexporten sowie eine umfassende Abrüstungspolitik Kernbestandteil von Krisen- und Konfliktprävention sind. Außerdem finden Schutz und bedarfsgerechter Umgang mit Menschen mit Fluchtgeschichte in Deutschland keine angemessene Berücksichtigung. Auch national muss die Bundesregierung Teilhabe und Zugang zur Gesundheitsversorgung und Reproduktiver Gesundheit sicherstellen. Nicht zuletzt die zum Teil katastrophalen Lebensbedingungen in den Ankerzentren sowie Isolation und Unterversorgung in Unterkünften zeigen einen enormen Handlungsbedarf.

Stellungnahme zum Herunterladen: