Wir stehen in Solidarität mit allen Protestierenden im Iran insbesondere den mehrfach marginalisierten Gruppen, welche die Proteste anführen und sich gegen das iranische Regime stellen.
Was ist passiert?
Die 22-jährige Kurdin Jîna Amini wurde von der sogenannten Sittenpolizei des iranischen Regimes brutalst festgenommen und erlag am 16. September 2022 den ihr in Haft zugefügten schweren Verletzungen. Ihre Festnahme erfolgte aufgrund der repressiven Kleidungsbestimmungen – sie trug ihren Hijab angeblich nicht regimekonform. Jîna Amini ist eine von vielen Frauen im Iran und weltweit, welche Opfer eines Femizids wurde – eine spezifische Form der patriarchalen Gewalt und Ermordung von Frauen. Ihr Fall löste massive Proteste im Iran, zunächste in kurdischen Gebieten und Städten im Iran, welche sich inzwischen auf das ganze Land und insbesondere der Hauptstadt Teheran ausgebreitet haben. Als Symbol des Protestes legen Frauen öffentlich ihren Hijab ab, schneiden sich die Haare ab und führen damit die Protestbewegung weiterhin an. Protestierende thematisieren nicht nur die körperliche Selbstbestimmung von Frauen sondern stehen gegen jegliche repressive Staatsgewalt, Unterdrückung und Ungerechtigkeit durch das iranische Regime.
Was ist die aktuelle Situation?
Die Protestierenden begegnen militanter Polizeigewalt und werden verhaftet. Aktuell gibt es nach Meldungen der Organisation Iran Human Rights über 130 Tote seit Beginn der Proteste – die Dunkelziffern weitaus höher. In der Nacht vom 02. Oktober 2022 kam es zu weiteren gewaltvollen Ausschreitungen an der Sharif Universität in Teheran. Studierende werden eingekesselt, verhaftet und sind brutalster Staatsgewalt ausgesetzt. Das iranische Regime hat die meisten Internetzugänge und somit Zugang zu Social-Media Plattformen abgeschaltet, um sowohl Kommunikation und Zugang zu Informationen innerhalb des Landes als auch ins Ausland zu unterbrechen. Dies hat zur Folge, dass es Protestierenden erschwert werden soll, zu mobilisieren und auf ihre Lage aufmerksam zu machen.
Das iranische Regime ist eines der aktuell prominentesten Beispiele, wie sich patriarchale und repressive Staatsgewalt auf das Leben von Menschen und über ihre Körper – insbesondere von Frauen, nicht-binären und queeren sowie trans Personen – Kontrolle und Gewalt ausübt. Weltweite feministische Kämpfe für körperliche Selbstbestimmung, für das Recht auf Abtreibung, reproduktive Rechte sowie das Recht zu entscheiden, ob und wie man einen Hijab trägt, sind dabei miteinander verbunden. Körperliche Selbstbestimmung darf kein Todesurteil sein. Für Jîna Amini und andere Frauen war es genau das. Das Recht auf Selbstbestimmung ist dabei nicht nur auf körperliche Selbstbestimmung beschränkt und im Fall von Jîna Amini eng mit ihrer kurdischen Identität und der spezifischen Gewalt gegen Kurd*innen und kurdische Frauen im Iran verknüpft. Ihr kurdischer Name – Jîna Amini – ist dabei ebenso politisch wie die Art und Weise, wie sie ihren Hijab trug. In der medialen Berichterstattung wird weiterhin der ihr vom politischen System im Iran auferlegte Name – Mahsa Amini – verwendet.
Auf der ganzen Welt sind Tausende Menschen bisher auf die Straße gegangen und verbreiten den kurdischen Aufruf Jin, Jiyan, Azadî (Frauen, Leben, Freiheit) um ein Zeichen zu setzen, in Solidarität zu stehen und auf die Situation weiter dringende politische Aufmerksamkeit zu lenken.
Auch wir stehen in Solidarität mit…
- allen Protestierenden im Iran insbesondere den mehrfach marginalisierten Gruppen, welche die Proteste anführen und sich gegen das iranische Regime stellen wie Frauen und feministische Aktivist*innen, ethnische und religiöse Minderheiten sowie junge Menschen und Studierende.
Wir sehen euch, stehen mit euch und teilen eure Stimmen!
Wir fordern, dass die deutsche Bundesregierung:
- im Sinne einer feministischen Außenpolitik das iranische Regime auf diplomatischer Ebene aufs Schärfste verurteilt und in voller Solidarität mit den Protestierenden steht.
- sofort Abschiebungen in den Iran aussetzt und Menschen, die Schutz suchen, Asyl gewährt.
- sich auf diplomatischem Weg dafür einsetzt, dass die Netzsperren von der iranischen Regierung sofort aufgehoben werden, um den Menschen Informations- und Meinungsfreiheit zu gewähren.
- personenbezogene Sanktionen gegen iranische Regimemitglieder ausspricht. Wirtschaftliche und bilaterale Beziehungen zwischen Deutschland und dem Iran dürfen nicht zur Unterdrückung und Gewalt vor Ort beitragen.
Was kann jede*r einzelne von uns jetzt tun?
- Geht weiterhin auf Demonstrationen in eurer Stadt und steht in Solidarität mit der feministischen Revolution im Iran!
- Informiert euch weiterhin über die aktuelle Situation!
- Teilt die Stimmen von kurdischen und iranischen Aktivist*innen und zentriert ihre Perspektiven!